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triste
Schmerz und Heilung

Optimisten schreiben schlechte Gedichte.
Paul Valéry

AUSZUG

Dich vergessen

Während jeder schreitet, in ein Blütenfeld
oder in Gruben und Aushöhlungen, in seinen
Tag hinein, wie ein Tag sein kann als
Wiederholung oder Ereignis, rinnt Wasser
verstohlen im Hintergrund, als unterdrückter
Schmerz, in dessen Zwerchfell ein
Atmen ist, auch ein Schrei, meinetwegen
von jener Art, die hervorbrechen will, doch
nicht zu den einfachen Dingen passt. Denn
stell dir vor, plötzlich sprichst du von glühenden
Namen und der erwürgten Braut,
sprichst von Erinnerungen und grausamen
Umständen, denen nichts entnommen
werden konnte, außer einer fieberhaften
Krankheit und dem Verlust von tausend
Küssen.
   Es bedeutet weiter und sprich nur von
Dingen, von gekauften Kleidern und Kaffeetassen,
von Terminen und Autobahnen.
So ist es. Sich die Oberfläche zu eigen zu
machen, und das Geschrillte selbst niederschreien
oder sich abwenden vom Gekrächze
der eigenen inneren Stimme und
das ohne Mitleid, was heißt, den Schmerz
bei sich selbst ausrotten, ihn verschlingen
und sich irgendwo hintreiben lassen.
Und Tau kommt dann vielleicht, auch ein
frisches Gewächs, das dem versehrten
Morgen einen Anreiz gibt, die verdunkelten
Straßen zu vermeiden; und wie jemand
zu sein, der nicht mehr fragt: Warum
dies? Das nennt sich Strategie und braucht
den Kopf, ärztliche Verordnungen und
Willen zur Überwindung; die starke, rosige
Hand, auch den Roboterarm, der öfter
empfindungslos über Rosen streift, damit
nicht alles Eindruck und Sanftheit ist. Ja,
ein Lächeln, wenn nichts gelingt.
   Hier sind Wochen, in denen man an
einem Dorn festhing und die niedergetrampelte
Angst von Neuem kam, es nicht
zu schaffen, was so scheinbar existiert
zwischen Kaffeehausluft und Fußballplatz,
eben dieses Leben, befreit und nicht in
Nächten verschüttet.
   Jeder Winkel der Seele, ihr weiches
Mark, klammert sich an mir fest, dich
nicht auszusortieren wie zerstörten Hausrat,
dabei bist du das wasserlose Gras
und stumm wie hundert Tote zu mir und
sprichst von Terminen wie andere von ihren
Kindern. Eitle Füchsin, sagt etwas in
mir, denn ich kenne dich als Zwielicht und
habe dir deine Bücher hinterhergetragen
und dich verehrt wie ein Knabe die schlaksige
Abiturientin. Das geht so durch die
Tage, eine niedergerungene Leidenschaft,
von der niemand hören will, nicht einmal
du selbst.

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